Das übergeordnete Ziel einer jeden leichtathletischen Wurfdisziplin ist es die Abwurfgeschwindigkeit zu maximieren, d.h. das Wurfgerät fliegt in der Regel weiter, wenn es die Hand mit einer größeren Geschwindigkeit verlässt. Im Kugelstoß gibt es drei verschiedene technische Varianten dieses Ziel zu erreichen:
- Wechselschritttechnik
- Drehstoßtechnik
- Rückenstoß- bzw. Angleittechnik (O’Brien-Technik)
Der Einfachheit halber konzentrieren wir uns auf die in Deutschland weit verbreitete Rückenstoß- bzw. Angleittechnik, die nach ihrem Erfinder auch O’Brien-Technik genannt wird. Ihre Bewegungsabfolge unterteilt sich dabei in 3 Hauptphasen (s. Grafik):
- Angleitphase (Bild 1-4)
- Hauptbeschleunigungsphase (Bild 5-7)
- Abfangphase (Bild 8)
Im Übergang zwischen Angleiten und Hauptbeschleunigung stellt die Stoßauslage (Bild 4) ein Schlüsselelement des Kugelstoß dar.
Schematische Darstellung der drei Hauptphasen beim Kugelstoß modifiziert nach Jonath et al. (Leichtathletik 3 - Werfen und Mehrkampf, 1995): 1.) Angleitphase (hellgrün) mit der wichtigen Position der Stoßauslage (dunkelgrün, Bild 4), 2.) Hauptbeschleunigungsphase (hellblau) und 3.) Abfangphase (dunkelblau).
Das Ziel der Angleitphase ist es eine vorwiegend horizontal gerichteten Geschwindigkeit des Gesamtsystems Sportler/Kugel zu erzielen. Hierfür stellt sich der Kugelstoßer mit dem Rücken zur Stoßrichtung an den Rand des Ringes, duckt sich mit dem Oberkörper nach vorn unten (Bild 1 und 2), hebt das linke Bein und drückt sich meist mithilfe einer kleinen Auftaktbewegung über die Ferse des Standbeins ab. So erreicht der Stoßer die sogenannte T-Position (Bild 3). Dieser horizontale Abdruck geschieht bei Rechtshändern mit dem rechten Bein sowie die Schwungbewegung mit dem linken Bein nach hinten-unten zum Balken. Im Verlauf des Angleitens sollte sich der Oberkörper ohne Aktion des Gegenarms nur wenig aufrichten. Nach dem explosiven Angleiten setzt der Sportler zuerst das rechte Druckbein aktiv unter dem Körper auf. Möglichst schnell danach folgt das linke Stemmbein, das in Verlängerung des Rumpfes dicht am Balken mit gestrecktem Knie platziert wird (Bild 4). Desweiteren sollen Oberkörper und Schultergürtel noch entgegen der Stoßrichtung orientiert sein.
Diese zweckmäßige Stoßauslage (Bild 4) bildet den Übergang zwischen Angleit- und Hauptbeschleuni-gungsphase und ermöglicht dem Sportler nachfolgend eine möglichst hohe Beschleunigung der Kugel zu erreichen. Im Verlauf der Hauptbeschleunigungsphase streckt sich das rechte Druckbein vom Fuß- über das Kniegelenk nach vorne-oben, indem sich gleichzeitig der rechte Fuß in Stoßrichtung dreht (Bild 5). Dabei wird die rechte Hüfte nach vorne eingedreht und die linke Körperseite fixiert, um sie als Widerlager nutzen zu können (Bild 6). Diese direkte Abfolge der Streckbewegungen wird auch kinematische Kette genannt und ermöglicht eine bestmögliche Beschleunigung der Kugel. Gleichzeitig wird das linke Bein gestreckt gehalten, damit es optimal als Widerlager dienen kann. Durch die kräftige Druckarbeit des rechten und die hohe Stemmarbeit des linken Beins entsteht eine große muskuläre Spannung im Schulter-Brust-Bereich, die im besten Fall optimal auf die Kugel übertragen werden kann. Beim explosiven Ausstoß durch die Streckung des Ellbogens (u.a. M. triceps brachii) weist die Hand nach außen (Bild 7). Am Ende der Hauptbeschleunigungsphase soll die Kugel mit maximaler Geschwindigkeit bei einem optimalen Ausstoßwinkel (ca. 35-40°) die Hand des Kugelstoßers verlassen.
In der Abfangphase (Bild 8) wird die Restgeschwindigkeit des Körpers abgebremst, um die Gültigkeit des Stoßes zu sichern. Hierfür springt der Kugelstoßer, nachdem die Kugel seine Hand verlassen hat, vom linken auf das rechte Bein. Außerdem hilft ein Absenken des Körperschwerpunkts durch Herunterbeugen des Oberkörpers oder durch die Beugung des linken Knies. Tobias Alt |